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Um Hitler zu verhindern, rief die SPD im Frühjahr 1932, ebenso wie das Zentrum, zur Wahl Hindenburgs als Reichpräsident auf. Doch zeigte sich Paul von Hindenburg nicht dankbar, sondern äußerte seinen Widerwillen, dass die Linken ihn gewählt hätten. Die Rechten, seine eigenen Leute, hatten hingegen Gegenkandidaten aufgestellt. Dass Hindenburg letztlich Hitler den Weg ebnen würde – damit hatten die demokratischen Parteien 1932 nicht gerechnet.
Im Frühjahr 1932 stellte sich Hindenburg ein zweites Mal zur Wahl für das Amt des Reichspräsidenten. Vorausgegangen war ein langes Hin und Her, ob die Wahl im Wege der Volkswahl oder durch das Parlament, den Reichstag, erfolgen sollte, wozu allerdings die Verfassung mit einer Zweidrittel-Mehrheit hätte geändert werden müssen.
Rechte Gruppierungen verweigerten Hindenburg die Gefolgschaft
Hindenburg hätte den Weg über das Parlament bevorzugt. Das lästige demokratischen Wahlkampfgetöse war ihm zuwider. Als Antidemokrat wäre er gern der Präsident der „nationalen Einheit“ geworden – getragen vom Vertrauen aller konservativen Parteien. Er ging zwar davon aus, dass die Nationalsozialisten Hitler als Kandidaten aufstellen würden. Aber dass ausgerechnet die nationalkonservative rechte Deutsche Nationale Volkspartei (DNVP) sowie auch die großen Soldatenverbände, wie der „Stahlhelm“ und der „Kyffhäuserbund“, ihm die erhoffte spontane Gefolgschaftstreue verweigerten und erst einmal Bedingungen stellten, enttäuschte ihn sehr. Er musste dann doch durch das Volk gewählt werden. Seine Selbstüberschätzung, er sei von einer breiten „nationalen Einheit“ getragen, wurde bei den Wahlen auf das Heftigste widerlegt. Schlimmer noch: Nicht nur, dass seine rechten und rechtsextremen Partner die „kleine Lösung“ über den Reichstag verhindert hatten, die Rechte stellte Gegenkandidaten auf!
Hindenburg verpasste die absolute Mehrheit: Zweiter Wahlgang erforderlich
Im ersten Wahlgang am 13. März 1932 traten gleich vier Kandidaten gegen ihn an, darunter Adolf Hitler für die NSDAP, Ernst Thälmann für die KPD sowie der Vorsitzende des antidemokratischen Rechtsaußen-Partei DNVP, Theodor Duesterberg. Hindenburg verpasste die absolute Mehrheit und musste dadurch in einen zweiten Wahlgang. Bis zum Schluss riefen die Zentrumspartei und die SPD zur Wahl Hindenburgs auf: Sie wollten die Wahl Hitlers zum Reichskanzler um jeden Preis verhindern.
Parteizeitungen von demokratischen Parteien riefen zu Hindenburgs Wahl auf
Am Wahltag schrieb der Badische Beobachter, das Zentralorgan der badischen Zentrumspartei, noch: „Es kommt auf jede Stimme an“ und „Mit Hindenburg für Deutschlands Glück und Freiheit“ sowie: „Der Name Hindenburg bedeutet Einigung des Volkes im Inneren, Schutz des Rechtes und der Verfassung … Daher kann die Entscheidung für jeden Zentrumsanhänger nur auf den Namen Hindenburg lauten.“
Der Vorwärts, das Zentralorgan der SPD schrieb am Wahltag: „Schlagt Hitler. Wählt Hindenburg!“ und „Ohne die rettende Tat der sozialdemokratischen Arbeiter wäre Deutschland eine sichere Beute einer Gesellschaft wüster Abenteurer.“ sowie „Die sozialdemokratischen Arbeiter, die heute ihre letzte Anstrengung machen, um Hitler mit Hindenburg entscheidend zu schlagen …“
Was für tragische Irrtümer: Mit Hindenburg wählten die demokratischen Parteien den Staatsstreich und die Installation der Nazi-Regierung!
Den zweiten Wahlgang am 10. April 1932 gewann Hindenburg mit 53,1% der Stimmen vor den beiden Gegenkandidaten Hitler (36,8%) und Thälmann (10,2%).
Dass ihn demokratische Parteien unterstützten, war Hindenburg zuwider
Auch dieses Ergebnis empfand Paul von Hindenburg als schmerzlich, war es doch nur möglich geworden, weil auch die Sozialdemokraten ihn unterstützten. Auch wenn er dazu sagte, dass er sie ja nicht hätte hindern können, ihn zu wählen, dieses ungewollte „Linksbündnis“ war ihm zuwider. Gegenüber Franz von Papen beklagte sich Paul von Hindenburg am 31. Mai 1932 und offenbarte zugleich wieder seine antidemokratische Gesinnung: „Nun bin ich von der Linken wiedergewählt, während die Rechte, meine eigenen Leute, diesen Gefreiten gegen mich aufgestellt haben.“ Ein Jahr später mussten SPD-Mitglieder dann, nachdem die SPD noch als einzige demokratische Partei im Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz für die NSDAP gestimmt hatte, mit Billigung Hindenburgs den Weg in die Konzentrationslager antreten.
Quellen:
(1) Badische Presse vom 14.03.1932 und Herbert Michaelis und Ernst Schraepler, Hrsg., Ursachen und Folgen: vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart; eine Urkunden- und Dokumentensammlung zur Zeitgeschichte. 29 Bde. Berlin: Dokumenten-Verlag, 1959-1979, Band 8, S. 421ff
(2) Badischer Beobachter - Hauptorgan der badischen Zentrumspartei vom 10.04.1932, Seite 1
(3) Vorwärts – Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands vom 10.04.1932, Seite 1
(4) Dresdner Nachrichten vom 11.04.1932 und Herbert Michaelis und Ernst Schraepler, Hrsg., Ursachen und Folgen: vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart; eine Urkunden- und Dokumentensammlung zur Zeitgeschichte. 29 Bde. Berlin: Dokumenten-Verlag, 1959-1979, Band 8, S. 421ff
(5) Bericht Franz von Papens über seinen Empfang beim Reichspräsidenten am 31. Mai 1932 in: Herbert Michaelis und Ernst Schraepler, Hrsg., Ursachen und Folgen: vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart; eine Urkunden- und Dokumentensammlung zur Zeitgeschichte. 29 Bde. Berlin: Dokumenten-Verlag, 1959-1979, Band 8, S. 542f
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Oben: Paul von Hindenburg kandidierte 1932 erneut für das Amt des Reichspräsidenten (Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-R17289 / CC-BY-SA 3.0)
Zu seinem Leidwesen stellten jedoch "seine Leute", die Rechten Adolf Hitler (NSDAP, oben links) und Theodor Duesterberg (Vorsitzender DNVP und Stahlhelm, oben rechts, Quelle: www.audiovis.nac.gov.pl) auf
Nur mit den Stimmen demokratischer Parteien erreichte Hindenburg im ersten Wahlgang gegen die anderen antidemokratischen Kandidaten nicht die erforderliche absolute Mehrheit. Demokratische Parteien glaubten Hitler verhindern zu können, indem sie zur Wahl Hindenburgs (Bildquelle rechts: Badischer Beobachter vom 10.04.1932) aufriefen - was für ein tragischer Irrtum!
Die Parteizeitungen des Zentrums (vergleichbar mit der heutigen CDU) sowie der SPD riefen zur Wahl Hindenburgs auf
Hindenburg siegte infolge der Wahlaufrufe demokratischer Parteien im zweiten Wahlgang - Zeitungen demokratischer Parteien feierten den Sieg: Wenige Wochen später ermöglichte Hindenburg den Staatsstreich gegen Zentrum und SPD in Preußen, neun Monate später übergab er die Macht an Hitler und seine Nazis
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